Volle Auftragsbücher, leere Lager: Rohstoffmangel beschäftigt Politik und Handwerk

Bayreuth. Die Baubranche boomt, die Auftragsbücher der Handwerkbetriebe sind voll. Und doch müssen viele Unternehmen ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Der Grund: Rohstoffmangel im Handwerk. Die Materialien sind knapp. Es kommt zu Lieferengpässen und Verzögerungen – insbesondere für Holz. Die Preise – auch für Stahl, Kunststoffe und andere Rohstoffe – explodieren. Ein Problem für alle Seiten: Handwerk, Bauherren, Wohnungswirtschaft und Waldbauern.

Über die Ursachen und mögliche Lösungen diskutierte Dr. Silke Launert mit Dr. Andreas Lenz, MdB und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie, Handwerkern aus der Region und Unternehmern aus der Baubranche am Dienstagabend bei einer Video-Veranstaltung, zu der die Bundestagsabgeordnete eingeladen hatte. Denn: „Das Problem betrifft die Gesamtgesellschaft, nicht nur ein paar Handwerker“, sagte Launert.

Die Ursachen für die Holzknappheit und den Preisanstieg sind vielfältig: Zum einen ist die Nachfrage im In- und Ausland erheblich angestiegen. Sowohl Betriebe als auch Private nutzen die Corona-Zeit dafür, Renovierungen und sonstige Arbeiten durchzuführen. Dies führt auch zu dem Problem, dass Unternehmen wegen der Materialknappheit keine verlässliche Kalkulationen mehr machen können, Abnahmetermine nicht einhalten können und zögern, sich auf öffentliche Ausschreibungen zu bewerben.

Zum anderen wurde der Export stark ausgeweitet. Laut Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie wurden 20 Millionen Festmeter Rund- und Schnittholz im vergangenen Jahr exportiert. Dies ist ein Anstieg von mehr als  80 Prozent im Vergleich zu 2019. Zentrale Abnehmer sind China und die USA. In beiden Ländern wird deutlich mehr gezahlt als in Deutschland, die Nachfrage ist enorm. Ein Problem, von dem auch die Teilnehmer der Videokonferenz berichteten.

Nicht unumstritten ist die Begrenzung der Holzernte. Extremwetterereignisse und Schädlingsbefall haben in Deutschland zu Holzabsatzmärkten geführt. Im Zuge der globalen Corona-Pandemie wurde diese Situation zusätzlich verschärft. Die Regierung erließ daraufhin die sogenannte Holzeinschlags-Beschränkungsverordnung. Demnach wird im Forstwirtschaftsjahr 2021 der Holzeischlag für Fichte auf 85 Prozent beschränkt.

Gut gemeinte Vorschriften von der Politik wie die Mengenbeschränkung beim Holzeinschlag oder das Safeguard-Verfahren der EU, das vor Dumpingpreisen von Stahl aus China schützen sollte und zum Zeitpunkt der Einführung sinnvoll waren, gehörten aufgrund der jetzigen Situation abgeschafft, sagte Lenz.

Ein potentieller Lösungsansatz in Bezug auf die Verknappung von Holz könnte die Beschränkung des Exports sein. Allerdings ist  Deutschland eine Exportnation und profitiert massiv vom internationalen Handel. Dennoch wünschten sich die Teilnehmer in diesem Zuge von der Politik Stärkung der Regionalität und regionaler Lieferketten, um die Abhängigkeit vom internationalen Markt zu reduzieren. Auf EU-Ebene müsse flexibler und schneller auf angespannte Marktsituationen reagiert werden, forderten die Teilnehmer.

Ein Problem, das das Handwerk zusätzlich zum Rohstoffmangel beschäftigt, seien fehlende Fachkräfte – unter anderem auch wegen unattraktiven Ausbildungen und nicht zeitgemäß ausgestatteten Berufsschulen, merkte Bernd Zeilmann, Geschäftsführer der Richter R&W Steuerungstechnik an.

Der Rohstoffmangel und die steigenden Materialkosten ziehen weite Kreise. Wohnungsbaugenossenschaften befürchten, dass sich das Problem auch in den Mieten niederschlägt. Bezahlbarer Wohnraum kann kaum noch geschaffen werden. 2017 lagen die Endkosten beim Bau für einen Quadratmeter noch bei rund 2900 Euro, heute sind es zwischen 4200 und 5400 Euro, sagte ein Markus Patrick-Keil von der Gemeinnützigen Bayreuther Wohnungsbaugenossenschaft.

Die Probleme sind vielfältig und branchenübergreifend. Lösen könne sie die Politik nicht alleine, sagten Lenz und Launert. Sie sicherten den Betroffenen aber zu, die Anregungen und Vorschläge mitzunehmen und bei der Erstellung des CSU-Wahlprogramms und eventuellen Koalitionsverhandlungen zu berücksichtigen.